GESUNDHEITSCAMPUS IMMUNOLOGIE, INFEKTIOLOGIE UND INFLAMMATION

Mastzellen mit langen Fingern und zwei erhellende Mausmodelle – die GC-I³-Paper des Jahres 2020

14.07.2021 -  

Im Rahmen seines 1. Nachwuchssymposiums zeichnete der Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation am 14. Juli die „GC-I³ Paper des Jahres 2020“ aus. Bereits zum fünften Mal hatte der GC-I³ im Jahr 2020 seine Mitglieder aufgerufen, sich um das Paper des Jahres zu bewerben. Unter insgesamt 15 Bewerbungen mit einem durchschnittlichen Impact Factor von 7,9 wurden nun die besten drei ausgewählt.

Neu war dieses Jahr die Wahl und Verleihung der drei begehrten Preise im Rahmen eines Nachwuchssymposiums, bei dem alle Bewerberinnen und Bewerber ihre Arbeiten in Kurzvorträgen vorstellen konnten. Trotz der weiterhin erforderlichen Hygienemaßnahmen war die Veranstaltung im Theoretischen Hörsaal der Pathologie gut besucht – über 50 Zuhörerinnen und Zuhörer waren der Einladung gefolgt und verfolgten vor Ort oder via Zoom die hervorragenden, abwechslungsreichen Vorträge. Direkt im Anschluss an die Vorträge hatten sowohl die im Hörsaal als auch die virtuell anwesenden GC-I³-Mitglieder die Möglichkeit ihre Favoriten zu wählen.

Prof. Burkhart Schraven nimmt stellvertretend für Jan Dudeck den 1. Preis entgegenDipl.-Ing. Jan Dudeck, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Molekulare und Klinische Immunologie, war bereits zum zweiten Mal unter den Preisträgern. Mit seiner in Immunity erschienenen Arbeit „Directional mast cell degranulation of tumor necrosis factor into blood vessels primes neutrophil extravasation“ sicherte er sich den ersten Platz. Mastzellen regulieren entzündliche Reaktionen und sind essentiell für die schnelle Immunabwehr, vor allem, weil sie neutrophile Granulozyten an den Ort der Entzündung oder Infektion dirigieren. Jan Dudeck hat in der prämierten Publikation gemeinsam mit einem Team von Forscher*innen jetzt einen entscheidenden zugrundeliegenden Mechanismus der Kommunikation zwischen Mastzellen und Neutrophilen aufgedeckt. Die AutorInnen konnten mit Hilfe komplexer, hochauflösender Mikroskopie zeigen, dass das TNF der Mastzellen nicht, wie erwartet, die Blutgefäßwände aktiviert, sondern dass es direkt die im Blut zirkulierenden Neutrophilen stimuliert. Die Mastzellen nutzen hierzu einen verblüffenden Trick. Sie positionieren sich wie Torwächter direkt rund um das Blutgefäß herum und schieben dabei kleine Fortsätze sogar in das Blutgefäß hinein. Und aus diesen Fortsätzen werden im Alarmfall die Granula freigesetzt, wodurch das TNF direkt in die Blutzirkulation gelangt, dort Neutrophile aktiviert und dadurch anregt, aus dem Blutgefäß heraus, und ins umgebende Gewebe hinein zu wandern. Erstautor Jan Dudeck erklärt die Bedeutung dieser Entdeckung: „Bedeutungsvoll ist unser Befund im Besonderen, da die Mastzell-Degranulation großer Mengen an potenten, pro-inflammatorischen Zytokinen ein wichtiges therapeutisches Ziel darstellt, um akute Entzündungsreaktionen, Schocksymptome oder Zytokinsturm-Syndrome zu mildern.“

Verleihung des 2. Preises an Dr. Ute BankDr. Ute Bank, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Molekulare und Klinische Immunologie, wurde für ihre, in Nature Communications veröffentlichte, Arbeit „c-FLIP is crucial for IL-7/IL-15-dependent NKp46+ ILC development and protection from intestinal inflammation in mice“, mit dem zweiten Preis ausgezeichnet. Innate lymphoid cells (ILCs) sind Zellen des angeborenen Immunsystems mit wichtigen Aufgaben bei der Infektionsabwehr. Obwohl die Existenz dieser ortsständigen Zellen bereits vor etwa 10 Jahren gezeigt wurde, gibt es noch zahlreiche offene Fragen zu ihrer Entwicklung und Funktion. Das Team um Dr. Bank trägt mit der ausgezeichneten Arbeit dazu bei, einige dieser Fragen zu beantworten. Zum einen demonstrierten sie, dass während der Entwicklung von ILCs die Expression des anti-apoptotischen Moleküls c-FLIP essentiell ist um den programmierten Zelltod der sich entwickelnden Zellen zu verhindern. Zum anderen untersuchten die WissenschaftlerInnen die Rolle verschiedener Subtypen von ILCs bei intestinalen Entzündungsprozessen und konnten dabei durch ihr elegantes Mausmodell zeigen, dass einige in der Literatur beschriebene Effekte in vollständig immunkompetenten Mäusen nicht zutreffen. Diese Ergebnisse beschrieben Kollegen in einer kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeit zu Morbus Crohn als Durchbruch im Feld der intestinalen Entzündungsforschung.

Verleihung des 3. Preises an Dr. Andreas BraunMit dem dritten Platz wurde Dr. Andreas Braun, Assistenzarzt aus der Universitätshautklinik und Stipendiat des Else-Kröner-Forschungskollegs Magdeburg, gewürdigt. Seine Studie „Activated Hgf-Met Signaling Cooperates with Oncogenic BRAF to Drive Primary Cutaneous Melanomas and Angiotropic Lung Metastases in Mice“, wurde im Journal of Investigative Dermatology veröffentlicht. Bei malignen Melanomen handelt es sich um hochgradig bösartige Tumore der Pigmentzellen (= Melanozyten), die auch als schwarzer Hautkrebs bezeichnet werden. In fast der Hälfte dieser Melanome finden sich Mutationen im BRAF Gen. Diese Mutationen finden sich allerdings auch in noch größerer Häufigkeit in gutartigen Muttermalen oder Leberflecken, sie alleine können also nicht für die Entstehung von schwarzem Hautkrebs verantwortlich sein. Dr. Braun und sein Team stellen in ihrer Publikation ein genetisches Mausmodell vor, dass sie entwickelt haben, um aufzuklären, welche weiteren Faktoren zur Krebsentwicklung bei Melanomen beitragen. In diesen Hgf-Braf-Cdk4-Mäusen konnten sie einen Signalweg identifizieren, der mit dem mutierten BRAF kooperiert und dadurch die Tumorentwicklung und die Streuung von Tumoren vorantreibt. Diese Erkenntnisse, sowie die solchermaßen genetisch veränderten Tiere, sind wichtige Ressourcen, um den Prozess der Melanomentwicklung und –metastasierung weiter zu verstehen und letztlich neuartige Kombinationstherapien zu entwickeln, die die Prognose von Menschen mit Melanomen verbessern.

Prof. Dr. med. Christoph H. Lohmann übergab den drei Prämierten die mit 1.000, 500 und 250 Euro dotierten Urkunden. Gleichzeitig würdigte er die hervorragenden Vorträge aller Vortragenden. Sie hätten eindrucksvoll demonstriert, was für ein breites Spektrum an Forschung im GC-I³ stattfindet und die Herausforderung, die Highlights ihrer Arbeiten in jeweils vier Minuten vorzustellen, mit Bravour gemeistert. Nachdem das schöne Wetter dies ermöglichte, konnten die GC-I³-Mitglieder im Anschluss bei einem Getränk und einem Stück Kuchen im Freien endlich einmal wieder persönlich ins Gespräch kommen - eine Gelegenheit, die viele gerne nutzten.

 

Bilder: Oben: Prof. Dr. Burkhart Schraven nimmt stellvertretend für Jan Dudeck, der digital zugeschaltet war, den Preis für den ersten Platz entgegen. Mitte: Dr. Ute Bank wird durch Prof. Dr. Christoph H. Lohmann der zweite Preis verliehen. Unten: Dr. Andreas Braun nimmt die Urkunde für den dritten Platz entgegen.

Text: Dr. Martina Beyrau

Letzte Änderung: 03.11.2022 - Ansprechpartner:

Sie können eine Nachricht versenden an: Webmaster
Sicherheitsabfrage:
Captcha
 
Lösung: